Belgrad Marathon

Um mich auch sportlich optimal zu assimilieren, nahm ich mir bereits beim Umzug vor, den Belgrad Marathon im Frühling zu laufen. Die Anmeldung war dann schnell gemacht und so konnte das zielgerichtete Training starten. Wie üblich hatte ich durch den Winter versucht, meine Form mit regelmässigen Trainings zu halten.

Etwa drei Monate vor dem Marathon wollte ich mit dem Trainingsplan beginnen, mit dem ich mich bereits auf meinen bisher einzigen Sub-3-Marathon im 2012 vorbereitet hatte. Als Zielzeit nahm ich mir «irgendwas um drei Stunden – wenn möglich sogar darunter» vor. Leider konnte ich die Trainings durch intensive Arbeitswochen und einige Geschäftsreisen nicht ganz so strikt gemäss Plan durchziehen. Trotzdem gelang mir mehr oder weniger eine solide Vorbereitung.

Als Testwettkampf lief ich vier Wochen vor dem Marathon den Berliner Halbmarathon mit einer ansprechenden Zeit. Unmittelbar danach ging es eine Woche auf die Skis, wobei die Oberschenkel durch die intensiven Skitage arg gefordert wurden. Diese Nachwehen waren in den folgenden Trainings noch gut spürbar. Jedoch fühlte ich mich in den zwei Wochen vor dem Marathon wieder optimal und der letzte Longjog gab mir zusätzliche Zuversicht.

Die ganze Veranstaltung ist klar eine Nummer kleiner als ich es bisher von Zürich oder anderen Laufveranstaltungen gewohnt war. Beim Abholen des Starterpakets war ich der einzige und die Informationen über Verpflegung, Strecke, Start, etc. waren auch sehr rudimentär. Gewöhnungsbedürftig war die Tatsache, dass Marathon und Halbmarathon gleichzeitig gestartet wurden – und mit 10:00 Uhr ungewöhnlich spät. Streckenmässig startet der Marathon im alten Teil, führt dann nach Neu-Belgrad, wo zwei Runden absolviert werden müssen, bevor es wieder zurück über die Save ins Ziel geht. Ich freute mich jedoch sehr auf den Lauf – insbesondere als auch die Wetterprognose sich verheissungsvoll präsentierte.

Am frühen Morgen des Lauftags schien bereits die Sonne und die Temperatur stieg stetig. Es sollte 21 °C mit teilweise starken Windböen werden – nicht gerade Traumwetter für einen Stadtmarathon. Ich ass Zopf mit Honig, eine Banane und schnitt mir zwei Energieriegel in mundgerechte Stücke, um sie anschliessend in Plastik eingepackt mitzuführen. Das Verpflegungskonzept sah nämlich nur Wasser und zweimal Früchte auf der Strecke vor. Guten Mutes fand ich mich eine halbe Stunde vor Startschuss im Startgelände ein – der Magen schien ebenfalls mitzuspielen.

Der Start erfolgte – ganz serbisch – ein paar Minuten nach 10 Uhr. Zuerst führte die Strecke auf einer weiten Schleife mit munterem Auf und Ab durch den alten Teil von Belgrad, vorbei am Slavija-Kreisverkehr und dann über die Brankov-Brücke zum Usce-Shoppingcenter. Hier begann die erste von den zwei erwähnten Schleifen. Wie üblich musste ich mich künstlich drosseln, um nicht sehr viel schneller als 4:15 min/km zu laufen. Ich fühlte mich gut, spürte aber die Hitze schon ziemlich stark. Vor allem das Laufen auf dem Asphalt ohne Schattenpartien schien ein Spiessrutenlauf zu werden.

Kurz nach der 10-km-Marke trennten sich die Strecken von Halbmarathon und Marathon. Und plötzlich lief ich mutterseelenallein! Während noch einige Halbmarathonläufer meine Pace liefen, war das Marathonfeld extrem viel dünner bestückt. Und so liess ich mich von meiner GPS-Uhr takten, statt mich einer Gruppe anschliessen zu können. Vor allem auf dem nun folgenden langgezogenen Stück auf dem Tosin bunar vermisste ich einige Mitläufer: Der Gegenwind blies extrem und liess das Halten der Pace zwischendurch zum Kraftakt werden. Wenn ich nur nicht mein Pulver bereits zu früh verschiesse…

Zurück auf der Jurija Gagarina und vorbei an Delta City brannte die Sonne erbarmungslos auf den Asphalt. Die Halbmarathonmarke passierte ich trotz kurzer Austretenspause unmittelbar davor in guten 1:29:27. Obwohl ich noch keinen Hunger verspürte, gönnte ich mir prophylaktisch das erste Riegelstückchen zusammen mit einigen Schlucken Wasser. Offenbar keine gute Idee. Denn bereits beim Usce spielte mein Magen verrückt. Also ab aufs Toitoi und einige wichtige Sekunden verschenken.

Anschliessend konnte ich wieder meine Pace laufen, musste aber schon sehr bald auf dem Tosin bunar der Hitze Tribut zollen und reduzieren. Die Pace näherte sich von Kilometer zu Kilometer mehr den 4:30 Minuten. War ich zu schnell gestartet, hatte ich die Wetterverhältnisse unterschätzt, war meine Form doch nicht so gut? In diesem Moment war die Ursache irrelevant, aber die Symptome umso deprimierender. Ich kämpfte darum, möglichst durchzulaufen, musste aber je länger desto mehr kurze Gehpausen einlegen.

Richtig hart wurde es dann auf dem Rückweg auf der Jurija Gagarina. Mit kurz gesteckten Zielen («bis zur nächsten Kreuzung rennen») versuchte ich, die Pace nicht ganz einbrechen zu lassen. Die drei Stunden hatte ich mittlerweile abgeschrieben, trotzdem wollte ich noch eine tiefe 3er-Zeit laufen. Pro Verpflegungsstand war das Prozedere nun eine Flasche Wasser über den Kopf, die zweite zum Trinken. Irgendwie schaffte ich es so zurück zum Usce.

Auf der Brankov-Brücke war die Stimmung toll. Viele Fussgänger auf der Gegenseite und darunter einige Halbmarathon-Läufer auf dem Heimweg. Kurz vor der Brücke passierte ich noch einige arme Seelen, die sich soeben kurz vor der Zeitlimite auf die zweite Runde machten. Ich durfte glücklicherweise Richtung Innenstadt und somit Ziel laufen. Doch es ging einfach nicht mehr – der Motor war definitiv leer.

Photo 04.05.14 11 38 03Mit der Mobiliserung meiner letzten Kräfte schaffte ich es mehr schlecht als recht auf die Zielgerade, wo ich zwar zu einem direkten Konkurrenten aufschliessen konnte, dessem Schlussspurt aber leider nichts entgegen setzen konnte. Und so überquerte ich die Ziellinie schlussendlich in 3:11:56 und klassierte mich auf dem 27. Rang von 433 klassierten Läufern.

Obwohl ich schlussendlich froh war, im Ziel zu sein, war die Enttäuschung trotzdem gross. Ich hatte mir ganz klar mehr vorgenommen für diesen Lauf. Somit ist die Wahrscheinlichkeit sehr gross, dass dies nicht mein letzter Marathon war. Vielleicht sogar noch einmal in Belgrad im nächsten Jahr?

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3 Responses to Belgrad Marathon

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