Siem Reap

Der Flug mit Cambodia Angkor Air war praktisch leer und ging extrem pünktlich – natürlich aber zur verschobenen Zeit, wie bereits berichtet. Bereits im Anflug erhaschten wir dank des guten Wetters erste Eindrücke von Kambodschas Landschaft.

Das Visum-Prozedere ist speditiv und dient eher dazu, 30 USD von jedem Touristen abzuknöpfen. Auch nach dem Verlassen des Flughafengebäudes werde ich positiv überrascht: In schönem Kontrast zur Abzock-Mentalität in Bangkok werden wir an den offiziellen Taxistand verwiesen, der die Leute zu publizierten Preisen den Fahrzeugen zuteilt. Unser Taxifahrer San erklärt uns bereits auf dem Weg zum Hotel erste Details und ist uns auf Anhieb so sympathisch, dass wir ihn direkt für den Folgetag als «Tempelfahrer» buchen.

Und so ziehen wir am Morgen los im schön klimatisierten Taxi. Nach dem Obulus in der Höhe von 20 USD für einen Tageseintritt zu den Tempelanlagen fährt uns San zuerst zu Angkor Thom. Dies war nicht nur ein Tempel, sondern die erste richtige Metropole im asiatischen Raum – lange bevor beispielsweise Bangkok aufkam. Durch die intelligente Zuhilfenahme von Wasser-Reservoirs überdauerten die Bauwerke auch bei den stark schwankenden Wasserständen.

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Die meisten Anlagen sind aus Sandstein, der passgenau geschichtet und anschliessend eindrücklich verziert wurde – in Angkor Wat teilweise auch vergoldet. Dieses weltweit grösste religiöse Bauwerk besuchen wir nach dem Mittag. Die Besucherströme sind eher klein und bestehen fast nur aus Asiaten – die Europäer und Amerikaner kommen lieber in den Monaten, wenn es zuhause kälter ist. So sind wir ziemlich «effizient» beim Besichtigen und können die Zeit statt mit Anstehen fürs Staunen nutzen. Der Schweiss rinnt in Bächen an uns herunter und es kommen erste Klagen vom weiblichen Teil unserer Reisegruppe. 😉 Glücklicherweise können wir uns zwischendurch im Taxi herunterkühlen.

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Da noch Zeit bleibt und wir San für den ganzen Tag gebucht haben, entschliessen wir uns, auch das Landminen-Museum gleichentags zu besuchen. Ursprünglich hatten wir es für den zweiten Tag geplant. Das Museum liegt etwa 20 km ausserhalb Siem Reap und ist sehr klein – es umfasst nur gerade vier Räume. Errichtet wurde es von Aki Ra, einem ehemaligen kambodschanischen Kindersoldaten, der sich nun der Minenentschärfung verschrieben hat. Neben objektiven Informationen über Landminen wird auch seine Geschichte erzählt. Sehr interessant und durchaus einen Abstecher wert.

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Auf dem Weg zum Museum und zurück passieren wir zahlreiche – meist auf Stelzen gebaute – Wohnhäuser der lokalen Bevölkerung. Sehr eindrücklich und auch irgendwie grotesk zu sehen, in welch einfachen Verhältnisse die Bevölkerung lebt, während wir im Hotel ein paar Kilometer entfernt alle Annehmlichkeiten inklusive Pool geniessen dürfen. Zusätzlich sieht man viele Kinder bei den Tempelanlagen, die betteln oder Ramsch verkaufen möchten. Dazu wird auf Schildern davor gewarnt, ihnen Geld zu geben, da es sie anspornt, zu betteln statt zur Schule zu gehen.

Gäbe es einen Index für H-ROI (health return of investment), so würde dieser für meinen Abendsport wohl negativ ausfallen. Nach der ausgiebigen Tempeltour bis in den Nachmittag hinein und etwas Pool-Erholungszeit am späteren Nachmittag jogge ich für den Sonnenuntergang zum Tempel Angkor Wat. Dies jedoch direkt am Strassenrand neben langen Tuk-Tuk- und Moped-Schlangen. Die Luftqualität ist dementsprechend. Jedoch wartet zumindest der E-ROI-Index (emotional return of investment) mit einem positiven Resultat auf: Trotz – oder gerade dank – bedecktem Himmel zeigt sich ein imposantes Schauspiel, als eine Regenfront anrückt. Ein dunkles Wolkenband begleitet von sehr starkem Wind fegt über die Tempelanlage, die sich im mystischen Licht bestens präsentiert.

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Am Abend geht es per Tuk-Tuk – respektive der kambodschanischen Variante «Remorque» – ins Zentrum von Siam Reap. Die Remorques sind Mopeds («Sackgeldverdunster» auf Schweizerdeutsch) oder kleine Motorräder mit einem Personenanhänger. Ganz touristisch tauchen wir in die Discostrasse ein, in der auch viele Backpacker Halt machen. Wir gönnen uns einen Fisch-Spa und kommen mit einem deutsch/kolumbianischen Paar ins Gespräch, das mit dem Bus von Bangkok gekommen ist. Den netten Abend lassen wir bei einem guten lokalen Nachtessen und einer miserablen Fussmassage ausklingen.

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Trotz der nicht optimalen Laufstrecke wage ich es auch nochmals am letzten Tag, eine Runde zu drehen. Wie oft kann man schon in einer solch historischen Umgebung trainieren? Die Parkwächterin kurz vor Angkor Wat will mich zuerst nicht passieren lassen. Doch nach freundlichem Gespräch lässt sie mich auf einer (abgekürzten) Route durch und informiert ihre Kollegen vom nächsten Posten, dass ein weisser, hitzeresistenter Läufer zu erwarten sei. Kurz vor unserem Hotel passiere ich eine Schule, wo mir mehrere Schulkinder in ihren Uniformen herzlich zuwinken. Solch schöne Momente mögen jeweils auch die oben geschilderten «Zweifel» etwas relativieren. Zudem komme ich kurz nachher am Kinderspital von Beat Richner vorbei, in dem praktisch alle Kinder vom Norden des Landes (der Süden geht ins Spital in Phnom Penh) untersucht und behandelt werden.

Die kulturellen Unterschiede machen eine solche Reise aber auch sehr spannend. Lustig zu beobachten ist der Umbau unseres Hotels, wo die Arbeiter ohne jegliche Sicherung auf den Armierungseisen im dritten Stockwerk herumturnen. Auch geschweisst oder mit der Trennscheibe gearbeitet wird komplett schutzlos.

Auch wenn die Leute hier sehr viel herzlicher als in Thailand sind, so ist es trotzdem nicht immer ganz einfach, sie zu verstehen. Wenn mancherorts die Mimik über schwache Sprachkenntnisse hinweghelfen kann, erhält man hier zu jeder Antwort stets ein freundliches Lächeln. 🙂

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