Berliner Halbmarathon

Als letzter Formtest im Rahmen der Vorbereitung auf den Zürich Marathon hatte ich mich am Berliner Halbmarathon angemeldet. Dies war ein reiner Datumsentscheid, da zu diesem Zeitpunkt praktisch keine Halbmarathons in der näheren Umgebung stattfinden. Als dann auch noch die Flugverbindungen mit Air Berlin passten, war der Entscheid gefallen. So reiste ich mit Silja am Samstagmorgen nach Berlin und am Sonntagabend nach dem Rennen wieder zurück.

Am Samstag empfing uns Berlin mit Aprilwetter aus dem Bilderbuch – obwohl noch immer März auf dem Kalender stand. Von blauem Himmel über orkanartige Windböen bis Schneefall war alles zu haben – und dies im Minutentakt! Auf den Sonntag wurde zwar besseres Wetter angekündigt, aber sehr tiefe Temperaturen, Wind und eventuell sogar Niederschläge. Trotzdem genossen wir den Samstag und schlossen ihn am Abend mit Pasta in der Nähe des Alexanderplatzes ab. Vorher hatten wir auf dem ehemaligen Stadtflughafen Tempelhof die Läufermesse besucht, eingekauft und die Startnummern abgeholt. Bereits dort liess sich erahnen, dass dieser Anlass andere Dimensionen annimmt als der alljährliche Zürich Marathon: Knapp 30′000 Läuferinnen und Läufer waren in Berlin am Start über die gut 21 Kilometer.

Am Sonntagmorgen weckte uns um 8 Uhr die Sonne mit blauem Himmel. Das Thermometer stand zwar noch bei rund 5 °C, jedoch war von Regen weit und breit keine Spur. So durfte doch der Tag beginnen! Nach einem eher knappen Frühstück und Bananen stürzten wir uns ins Wettkampftenü. Bei mir natürlich kurz/kurz. Ich wollte auch die Kleidung für den Zürich Marathon testen – Schuhwerk inklusive. Vor allem auch im Hinblick auf mein Knie, das ab und an wieder Probleme macht. Auch am Samstag meldete es sich während dem Stadtbummel, was mir noch einige Sorgen bereitete. Ein am Samstag erhaltener Plastik half, die Körpertemperatur bis zum Startschuss einigermassen im Rahmen zu halten. Eine halbe Stunde vor dem Start noch eine letzte (kleine) Banane und etwas Wasser.

Bei unserer Ankunft in der nahen Start/Ziel-Zone starteten soeben die Inline-Skater. Zudem machten sich die Rollstühle und Handbiker bereit. Wir hatten noch eine gute halbe Stunde bis zu unserem Start um 10:45 Uhr. Eine ganze Batterie mobiler Toiletten half, die Wartezeiten stark in Grenzen zu halten. Um Welten besser als an einigen Schweizer Läufen – trotz dem grossen Teilnehmerfeld. Eine gute Viertelstunde vor Startschuss wurde auch mein Sektor A in den umzäunten Startbereich gelassen. Beim Eingang wurde die Startnummer jedes Läufers bezüglich Sektor-Buchstabe kontrolliert. Fairplay-Aufruf ist gut, Kontrolle besser. Ich fand dies eine gute Massnahme, denn zu oft musste ich mich bisher über «Bremsinseln» im Läuferfluss ärgern.

Punkt 10:45 Uhr erfolgte der Start. Die Stimmung war super, die Temperatur zwar noch tief aber nun auch ohne Plastik zu ertragen. Ich setzte mir als Ziel, einen 4er-Schnitt zu laufen. Den Rekord vom Hallwilerseelauf hielt ich nicht für erreichbar, half doch dort der negative Höhenunterschied ziemlich, während die Strecke in Berlin topfeben ist. Trotzdem stand ich in den vordersten 20 Meter des gesamten Feldes (exklusive Elite). Hier gab es auch keinerlei Stau und ich konnte sofort in einem angenehmen Tempo (ständig unter 4 Minuten) loslaufen.

Die Strecke führte um den Alexanderplatz und anschliessend auf die langgezogene Strasse «Unter den Linden». Die gesamte Route ist nicht nur topfeben sondern enthält sehr wenige Kurven, was sie (gleich wie der Berliner Marathon) sehr schnell macht. Ein erster Höhepunkt war die Durchquerung des Brandenburger Tores, wo sich die Strecke kurz verengte, um dann Richtung Siegessäule wieder breiter zu werden. Mein Schnitt pendelte sich in den ersten Kilometern um die 3:50 Minuten ein und ich fühlte mich grossartig – nicht zuletzt auch wegen den guten Bedingungen und der super Stimmung. Einzig die Blase drückte bereits wieder. Doch wollte ich zu diesem Zeitpunkt keine Pause riskieren, zudem bot sich vorerst keine Möglichkeit zum Austreten.

Beim Ernst-Reuter-Platz bog die Strecke von der Strasse des 17. Juni in die Otto-Suhr-Alle Richtung Schloss Charlottenburg. Beim Schloss folgte dann eine 90-Grad-Linkskurve und bald darauf war die 10-Kilometer-Marke erreicht. Nun war ich richtig warm, während auf der ersten Streckenhälfte die niedrigen Temperaturen meine Betriebstemperatur stets tief halten konnten. Dies war nun jedoch ein Zeichen, dass ich nicht «überdrehen» sollte. So versuchte ich, auf den nachfolgenden zwei Kilometern meine Zeit zu konsolidieren, anstatt erneut zu drücken. Dies war in dieser Phase nicht ganz einfach, zogen sich doch die Abstände bereits auseinander und immer wieder ging eine Lücke auf, die ich dann versucht war, wiederum zu schliessen. Auch leistete mir in dieser Phase meine GPS-Uhr gute Hilfe, um nicht langsamer als vier Minuten pro Kilometer zu werden. Meine Batterien waren folglich nicht mehr ganz frisch, doch fühlte ich mich nach wie gut.

Bald darauf kam eine weitere Wasserstelle, die etwa alle fünf Kilometer angeordnet waren. Leider wurden die Flüssigkeiten (Wasser und Tee) in Plastikbechern angeboten, so dass ein Trinken im Laufen nur schwierig zu meistern war. Ich verschüttete dadurch einen Grossteil und musste mich mit zwei bis drei Schlucken begnügen.

Bald ging es wieder in östliche Richtung und wir bogen kurz darauf auf den Kurfürstendamm ein, vorbei an der Kaiser Wilhelm Gedächtniskirche. Bei Kilometer 15 folgte ein weiterer Verpflegungsposten und erstmals hatte es auch ein paar mobile Toiletten dabei. Meine noch immer drückende Blase behinderte mich zu fest, als dass ich sie weiter ignorieren konnte. Durch den kleinen Boxenstopp verlor ich ziemlich genau 20 Sekunden, wie ich meiner Uhr entnehmen konnte. Eine überschlagsmässige Rechnung hatte mir vorher gezeigt, dass ich bis jetzt sogar auf Rekordkurs lag. Und auch die erwähnten 20 Sekunden liessen nach wie vor eine persönliche Bestzeit zu.

Eigentlich hatte ich ja vor, meine Pace bis ins Ziel durchzuziehen aber nicht gegen Ende zu forcieren, da es mir primär um die Vorbereitung auf Zürich ging. Doch nun, da ein Rekord in Reichweite lag, musste ich diese Pläne nochmals überdenken. Doch vorerst ging es vorbei an historischen Schauplätzen: Der Checkpoint Charlie wurde laufend passiert, vorbei an den zahlreichen Touristen und den Soldaten-Statisten. Das Überqueren der Spree stellte den Beginn der Schlussphase dar, wie ich dies bereits auf dem Streckenplan mir einprägte. Und so beschloss ich – entgegen meinen anfänglichen Plänen – meinen Halbmarathon-Rekord anzugreifen.

Die Pace wurde unter 3:40 Minuten gedrückt und zahlreiche Läufer mit meinem langgezogenen Schlussspurt überholt. Der Alexanderplatz war wieder rechts von mir und die letzte Kurve in Sichtweite. Ich wusste nicht genau, wie lange die Schlussgerade wirklich war, doch beschleunigte ich weiter. Den ultimativen Schlussspurt liess ich dann aber sein, als ich sah, dass es komfortablen zum neuen Rekord reichte. Ich will mir ja die Tür für weitere Verbesserungen offen halten…

In 1:22:33 verbesserte ich meine vorherige Bestzeit um sieben Sekunden und erreichte den 69. Rang von 1936 Läufern meiner Kategorie. Auf diesen Erfolg musste ich noch in der Zielzone mit einem angebotenen Erdinger Alkoholfrei mit mir selber anstossen. Ein herrliches Laufereignis fand so einen super Abschluss. Dank der Hotelzimmer-Verlängerung konnten wir sogar noch gemütlich duschen und uns umziehen, bevor wir dann am Abend den Rückflug antraten.

This entry was posted in Sport. Bookmark the permalink.

5 Responses to Berliner Halbmarathon

  1. Benjamin says:

    Gratuliere! Da ist der sub-3-Zürimarathon ja nur noch Formsache 😉

  2. Oli says:

    Danke! Haha, schön wär’s. Aber zuversichtlich bin ich auf jeden Fall…

  3. Pingback: Zürich Marathon | Olis Gedanken

  4. Pingback: Saisonrückblick 2012 | Olis Gedanken

  5. Pingback: Berliner Halbmarathon | Olis Gedanken

Leave a Reply

Your email address will not be published. Required fields are marked *